Agrar- und Ernährungswirtschaft

EZG OM: Gemeinsam stark

12.01.2024
Autor: Christoph Hüsing

Ein historischer Moment ereignete sich am 1. Januar 2023, als die Erzeugergemeinschaften EZG für Schlachtvieh Bösel und die EZG für Qualitätsvieh im OM offiziell – nach Abstimmung aller Mitglieder im November 2022 – eine Gemeinschaft wurden. Die Verschmelzung zur Erzeugergemeinschaft Oldenburger Münsterland eG verlief reibungslos und wie geplant. Dies war ein Beweis für den starken Zusammenhalt und unterstreicht das gemeinsame Ziel der Mitglieder, die Erzeugergemeinschaft zukunftsfähig zu entwickeln.

Damit wurde die Erzeugergemeinschaft nicht nur vergrößert, sondern im besonderen Maße gestärkt. Seither vertieft sie die Arbeit innerhalb der Wertschöpfungskette Hand in Hand mit den landwirtschaftlichen Mitgliedsbetrieben. Das Denken in Produk­tionsketten kommt vor allem in Hinblick auf die gewachsene Partnerschaft mit der Goldschmaus Gruppe zum Tragen. Der Verbund ist in den Wertschöpfungsketten der Rind- und Schweinefleischerzeugung im Oldenburger Münsterland eine verlässliche Anlaufstelle für die regionale Landwirtschaft.

Ein Abend voller Highlights

In das Jahr der Verschmelzung fällt ein weiterer Meilenstein: 2023 wurde die Erzeugergemeinschaft 100 Jahre alt. Um diesen historischen Augenblick gebührend zu feiern, versammelten sich rund 400 Gäste zur Hundertjahrfeier am Betriebsgelände in Bakum. Die Atmosphäre war voller Freude und Begeisterung, sodass gemeinsam auf die Erfolge der Vergangenheit und die vielversprechende Zukunft angestoßen wurde. Den Mitgliedern wurde ein abwechslungsreiches und kurzweiliges Programm geboten. Von inspirierenden Reden bis hin zu unterhaltsamen Gesprächsrunden ehemaliger Gremienmitglieder war dieser Abend erfüllt mit Highlights. Nach einer bewegten Vergangenheit, die rechts im Kasten dargestellt ist, wird mit Optimismus in die Zukunft geblickt.

Gemeinsam handeln

Die Erzeugergemeinschaft versteht sich als Dienstleister für die Landwirtschaft. Die ­Bedeutung geschlossener Wertschöpfungsketten wird vor dem Hintergrund der Herausforderungen des Marktes stetig größer. Tierwohl, Nachhaltigkeit und Verbraucherakzeptanz sind die entscheidenden Schlagworte.

Marktposition, Koordination und ­Infor­mation sind Schlüsselaspekte, die ein ­gemeinsames Handeln in Erzeugergemeinschaften vorantreiben und deren Position in der Fleischindustrie stärken wird. Die Erzeugergemeinschaft Oldenburger Münsterland eG hat sich im Laufe der Jahre als ein äußerst verlässlicher Partner für ihre Mit­glieder erwiesen. Dies gilt nicht nur für die Vermarktung, sondern auch die Bereiche Beratung, Transport und Kommunikation an die Gesellschaft. Zudem ist die Information entlang der Kette ein Schwerpunkt der ­täg­lichen Arbeit.

Nur mit verlässlichen und schnell verfügbaren Indikatoren können fundierte Entscheidungen getroffen werden. Unter dieser Prämisse wurde beispielsweise die Anwendung ANW-Stallprofi eta­bliert, die das Bestands- und Daten­management für den Schweinemäster optimiert. Die Grafik auf Seite 82 oben links zeigt die Vorteile für die Mit­glieder der ­Erzeugergemeinschaft auf.

Markenfleischprogramme als Qualitätsgarant

Konzepte, bei denen alle Phasen der Fleischproduktion eng miteinander verknüpft sind, angefangen bei der Aufzucht und Fütterung der Tiere bis hin zur Verarbeitung und Vermarktung der Fleischprodukte, haben deutliche Vorteile in der nachhaltigen Etablierung von Markenfleischprogrammen. Die Struktur ermöglicht unter anderem eine lückenlose Rückverfolgbarkeit und eine ­essere Kontrolle über die Qualität und Herkunft der Produkte. Das Qualitätsfleisch­programm der Goldschmaus Gruppe „Die Marke der Bauern“ ist ein besonderes Beispiel für einen enge Vernetzung und vertrauten Umgang. Es setzt auf strenge Qua­litätsstandards und berücksichtigt derzeit alle Haltungsformen der privatwirtschaftlichen Haltungsformkennzeichnung in separaten Programmen.

Den mit der öffentlichen Diskussion einhergehenden Forderungen nach besseren Tierhaltungsformen kommt die Region nach. Es gibt viele Beispiele für zukunftsorientierte, innovative landwirtschaftliche Betriebe. Viele Mitgliedsbetriebe der Erzeugergemeinschaft warten jedoch auf die behördlichen Weiterentwicklungen zur Schaffung der richtigen Rahmenbedingungen, um diese Per­spektiven umzusetzen. An dieser Stelle ist endlich der politische Wille gefragt, Tierhaltung in Deutschland zu bewahren und dessen Finanzierung und Rahmenbedingungen verlässlich abzustecken. Ein Abwandern der Produktion ohne weiteren Einfluss auf die Prozessbedingungen würde vielen gesellschaftlichen Zielen widersprechen.

Vorstand der EZG (von links): R. Möller, C. Hüsing, R. Roberg, C. Holzenkamp, K. Soika, H. Kock, J. Lehnhof und G. Gerwin

Eine gemeinsame Vision für die Zukunft: 5xD für Schweinefleisch

Die Fusion und die gemeinsame Arbeit an Markenfleischprogrammen und geschlossenen Wertschöpfungsketten sind Ausdruck dafür, dass eine kollektive Vision für die Zukunft der Tierhaltung in der Region vorliegt. Man ist fest entschlossen, den Mitgliedern die bestmögliche Unterstützung zu bieten und gleichzeitig die höchsten Standards in der Fleischproduktion aufrechtzuerhalten.

Eine staatlich verpflichtende Herkunftskennzeichnung für Fleisch gibt es aktuell noch nicht. Der Ursprung Deutschland – von Geburt an – wird jedoch symbolisiert durch die freiwillige 5xD-Kennzeichnung. Korrekte und authentische Daten über Geburt, Mast, Schlachtung, Zerlegung und Verarbeitung in Deutschland sind interessant für den Lebensmitteleinzelhandel, für Kunden aus der Verarbeitung und für den Exportmarkt.

Im Lebensmitteleinzelhandel wird bereits seit einiger Zeit mit 5xD-Fleisch geworben. Allerdings gibt es bislang weder eine einheitliche Definition noch ein gemeinsam ­genutztes Label. Auch eine pauschale Vergütung für die teilnehmenden landwirtschaftlichen Betriebe fehlt häufig.

Die Kennzeichnung „5xD“ bezieht sich auf den kompletten Herstellungsprozess von Fleisch- und Wurst-Produkten – von der ­Geburt der Tiere bis zu Verarbeitung. Die Bedeutung von „5xD“ ist eigentlich ganz ­einfach: „fünfmal D“ steht für fünfmal Deutschland. Damit ein Produkt im Supermarkt als „5xD“-Produkt deklariert werden darf, müssen diese Kriterien erfüllt sein: Die Tiere müssen in Deutschland geboren, aufgezogen und gemästet, geschlachtet, zerlegt sowie verarbeitet werden. Die Produkte entstehen somit komplett in Deutschland. Im Programm Die Marke der Bauern sind die Boni für die Herkunft mit weiteren Aspekten wie Tiergesundheit oder Futtereigenschaften verknüpft. 5xD soll Vertrauen wecken, Qualität garantieren und am Ende höhere Verkaufspreise ermöglichen. Dazu gehören Glaubwürdigkeit, Transparenz, Rückverfolgbarkeit und Regionalität.

Die Schweinebranche steht aktuell unter großem Druck – auch wegen des seit rund 10 Jahren anhaltenden Verzehrrückgangs. Die Branche befindet sich zur Stunde in einem regelrechten Strukturbruch. Dr. Haiko Hofmann vom Bundesverband Rind und Schwein beklagte im September 2023 im Rahmen einer Online-Ver­anstaltung des Netzwerks Fokus Tierwohl, dass dem Schweinefleisch überdies zu häufig ein ungerechtfertigtes Billig-Image anhafte, dem am Ende nur mit einer auf 5xD aufgebauten Imagekampagne entgegengewirkt werden könne. Dafür wünscht sich auch Hofmann ein einheitliches Wording in der Branche, denn „die vielen guten Labels, die aktuell im Lebensmitteleinzelhandel zum Einsatz kommen sind leider für Verbraucherinnen und Verbraucher zu häufig unübersichtlich“, so Hofmann. Daher brauche es ein klares und leicht zu kommunizierendes Konzept. „Bei 5xD ist leicht zu verstehen, warum für dieses Produkt mehr gezahlt werden sollte als für eines, das diese Kennzeichnung nicht trägt“, sagte Hofmann. Hinzu kommt, dass die Basis für die regionale Erzeugung – nämlich die Zahl der in Deutschland geborenen Ferkel – seit Jahren stärker schrumpft als die Zahl der Mastschweine. An dieser Stelle schließt sich ­erneut der Kreis der Wertschöpfungsketten. Alle Mitglieder müssen mitgenommen ­werden – von Beginn an!

All diesen Herausforderungen stellen sich die Kollegen und Kolleginnen der EG Oldenburger Münsterland für und gemeinsam mit den Mitgliedern. Die neue Partnerschaft und die abgestimmte Arbeit an Markenfleischprogrammen und geschlossenen Wertschöpfungsketten sind dabei die
Eckpfeiler des Erfolgs.

© Erzeugergemeinschaft Oldenburger Münsterland eG

Erzeugergemeinschaft OM | 100 Jahre kurz und knapp

• 1923:    Gründung im November 1923 in Vechta. Während der Versammlung unter Vorsitz von Ökonomierat Dr. H. Averdam zeichnen 21 Landwirte ihre Mitgliedschaft.
• 1928:    Verlegung des Sitzes nach Bakum, weil GF Bernhard Sieverding dort wohnt.
• 1933:    Der Aufbau des Reichsnährstandes bringt die sogenannte Bewirtschaftung für alle landwirtschaftlichen Betriebe. Damit muss sich auch die Genossenschaft dem Diktat der Reichsregierung beugen
• 1945:    Nach dem Krieg blüht der Schwarzmarkt; vorerst ruht der Geschäftsbetrieb.
• 1950:    Nach Währungsreform und Freisetzung der Schlachtviehpreise kann die Viehverwertung ihre Arbeit wieder aufnehmen – der Neuanfang im Zeitalter der D-Mark!
• 1960:    Anfang der 60er-Jahre tritt neben der Lebendvermarktung der Schlachtviehversand in den Vordergrund.
• 1973:    Die Viehverwertung wird eine Erzeugergemeinschaft für Schlachtvieh im Sinne des Marktstrukturgesetzes.
• 1987:    Buchhaltung und Abrechnung werden technisiert, die Klassifizierung der Schlachtschweine wird automatisiert.
• 1993:    In Deutschland bricht die Schweinepest aus.
• 1995:    BSE sorgt für negative Schlagzeilen und folglich fallende Rindfleischpreise.
• 2002:    Fusion der EZG Cloppenburg Peheim mit der Südoldenburger Viehverwertung.
• 2015:    Start der Initiative Tierwohl.
• 2019:    Der lang geforderte Verzicht auf das betäubungslose Kastrieren von Ferkeln findet Umsetzung durch die Alternativen Isofluran-Betäubung, Improvac-Impfung und Injektionsnarkose.
• 2023:    Verschmelzung der EG für Schlachtvieh Bösel und der EG für Qualitätsvieh im OM zur Erzeugergemeinschaft Oldenburger Münsterland eG.

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